هنرور: نمونه ای دیگر از پروپاگاندای قوی نظام در خارج از کشور
13.06.2010 Von: Ralf Abbasi und Shayan Arkian
Grüne Bewegung im Iran ist tot, im Ausland jedoch lebendig
Es wirkt befremdlich.
Am Jahrestag der iranischen Präsidentschaftswahlen 2009 schießen abermals sämtliche Blätter auf den Iran ein. „Die Grüne Bewegung stagniert nicht“, heißt es. „Sie lebt und ist attraktiv, an Anhängern hat sie nicht eingebüßt. Der Grund weshalb Großdemonstrationen ausgeblieben sind hängt ausschließlich mit Repressalien des Regimes.“ So sind ausnahmslos die gängigen Beschreibungen über die Bewegung am quasi Jahrestag ihrer Gründung (zuvor wurde sie nicht als Bewegung wahrgenommen, sondern als Anhänger von einen oder zwei Präsidentschaftskandidaten, die innerhalb der islamischen Republik die Erlaubnis haben zu kandidieren!).
Keine Neubewertung der Grünen Bewegung, kein Versuch der Kritik an der Bewegung und erst recht keine Selbstkritik. Der Faden wird weiter gesponnen, basierend auf die eklatanten Fehleinschätzungen der iranischen Gesellschaft (die weit aus mehr ist als Reformer und Konservativen), der Wahlen und die Demonstrationen. Ob sie in irgendeiner Weise mit den Realitäten vor Ort übereinstimmen scheint nebensächlich zu sein. Schließlich hat man einen Ruf und Namen zu verlieren. Eine Korrektur der Bewertungen und Analysen des letzten Jahres ist aber spätestens jetzt mehr denn je gefragt. Eine ganze Berufszunft spannt – ähnlich wie in den USA vor dem 2. Irak-Krieg – die Politik zu weiterer Konfrontation mit dem Iran; ohne es zu wollen oder es zu merken. Wenn Journalisten und Experten mehr als einen halben Jahr lang ihren Lesern davon erzählten, dass die islamische Republik kurz vor ihrem Sturz steht oder zumindest in einem Bürgerkrieg rein rutscht, muss diese fatale Einschätzungen nun konsequenterweise eingestehen oder - wie sie es nun tun - Erklärungen finden, weshalb sie nicht stattfanden. Diese dürfen aber Gott bewahre nicht ihren vorangegangenen Statements widersprechen, bloß nicht relativieren! Da man sich leider für das Zweite entschied, wird im Folgenden darauf eingegangen:
Allgemein wird ein Bild von einem kompromisslosen Regime skizziert dessen Herrschaft sich hauptsächlich auf Gewalt stützt. Die Mehrheit der Menschen möchten angeblich das Regime mit einer anderen Herrschaftsform ersetzen. Diejenigen die ihm anhängen tun es mutmaßlich aus opportunistischen Gründen, entweder weil sie selbst Staatsbeamten sind oder das Regime Ihnen Vorteile gewährt. Stützend darauf entstehen schon von vorneherein fatale Konklusionen. Quellen oder empirische Zahlen für diese Einschätzungen werden auch nie vorgelegt. Da es als allgemeiner Konsens gilt, fühlt man sich auch nicht dazu berufen (obwohl alle Studien von US-amerikanischen Forschungsinstitute das Gegenteilige feststellen). So einen allgemeinen Konsens hat es auch in den USA über die Gründe für einen 2. Krieg gegen Irak gegeben. Allgemein sind Konsense in der Politik brandgefährlich. Demokratien leben von Debatten und Kontraste. Das Thema Iran ist jedoch seit 31 Jahren geschwärzt. Der Teheraner Universitätsleiter für amerikanischen Studien Dr. Mohammad Marandi bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass das Meinungsspektrum in den Debatten über den Iran ziemlich dünn sei. Er veranschaulicht es mit den immer wiederkehrenden Vorfällen in westlichen Fernsehdebatten: Der erste Gast sagt, der Iran ist böse und muss militärisch angegriffen werden (das passiert eher in US-Sendungen). Der Zweite sagt, der Iran ist böse und muss mit Sanktionen belegt werden. Und schließlich sagt der Dritte, dass der Iran zwar böse sei, aber Diplomatie die Lösung wäre. Die Voraussetzung ist jedoch stets das Gleiche: Iran ist böse. Das mag einen Universitätsdirektor in Teheran wundern, auch wenn er Englischkenntnisse besitzt und Vorsitzender für amerikanische Studien ist. Den Grund müsste er nämlich kennen: „Der Iran ist keine liberale Demokratie, so lange sie das nicht ist, ist er böse.“ Keine Differenzierungen und keine Schattierungen. So ähnlich denken die Taliban am Hindukusch: „Der Westen ist ungläubig, so lange sie ungläubig sind, sind sie böse.“
Zwar räumen Journalisten immer wieder auf Nachfragen ein, dass Staaten wie Saudi-Arabien oder Ägypten mehr Demokratiedefizite vorweisen als der Iran. Doch im Endeffekt wird diese Differenzierung bei der Bewertung des iranischen Regimes in ihren Analysen und Artikel vollends ausgeblendet. So auch zum Jahrestag der Präsidentschaftswahlen.
Die Begnadigung von 81 Verurteilten im Zusammenhang der Wahlunruhen durch das Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei vor zwei Wochen fließt nicht in ihre Bewertung ein. Dieses ist nämlich nicht mit dem Konzept eines ausschließlich repressiven Regimes konform. Dagegen wurde die Meldung gebracht, dass der Enkelsohn des Staatsgründers Ayatollah Khomeini, Hassan Khomeini (der die Opposition relativ nahe steht) zum Todestag seines Großvaters an der Rede durch Parolen von Regimeanhängern gehindert wurde. Das Bild eines geschwächten Regimes muss stets gepflegt und intensiviert werden, der Aspekt, dass Hassan Khomeini selbst Teil des Regimes und für das Regime ist wird unbedacht weg gelassen. Auch der unmittelbare Vorfall danach passt nicht in der schon gefestigten Meinung über die islamische Republik. Der nächste Redner Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei tröstete Hassan Khomeini und küsste ihn auf die Wange nach dem dieser das Podium verlies. In seiner folgenden Rede kritisierte er die Opposition, welches großzügig auch in den westlichen Medien Eingang fand, doch die Ermahnung an die Regierung und Regierungsanhänger bei der Kritik gegen die Opposition gerecht zu sein und es nicht zu überziehen, wurde ausgeschlagen. Stabilisierende und korrektive Elemente im politischen Alltag der islamischen Republik sind nicht auszudenken.
Ein Jahr nach den Wahlen hat sich an der westlichen Bewertung über die Wahlauthentizität nichts getan. Einige Autoren behaupten demnach offen, dass die Wahlen gefälscht seien. Beweise hierfür wurden auch unter den westlichen Experten kaum erbracht. Die einzige Studie von Ali Ansari des britischen Chatham House, der noch vor den Wahlen eine Fälschung von mehr als sechs Millionen Stimmen kategorisch ausschloss, ist nie über das „provisorische“ (engl. preliminary“) hinausgegangen. Die Studie erweist sich nämlich als fehlerhaft in der Methodik und in der Ausführung. Im internationalen Englischsprachigen Raum haben drei Autoren dazu Stellung genommen (s. unten; im Deutschen gibt es eine 14-Seitige Analyse). Was die mathematischen Akrobatiken angeht, die bestrebt waren eine Fälschung nachzuweisen, haben sie sich auch als ineffektiv erwiesen. Letzteres zeigt jedoch, dass der Durst nach Klarheit sehr stark vorhanden war, dass im Strudel der „Sensationsmeldung Iran“ Hobby-Mathematiker, Normalos und Astrophysiker mathematische Formeln durchspielten um eine Fälschung verifizieren bzw. falsifizieren zu können. Eine Fälschung von 11 Millionen Stimmen mit 700.000 Beteiligten an der Wahlausführung bedarf jedoch simpler Beweisführungen, die die Opposition kläglich nicht erbracht hat. Unter der Opposition glaubt nahezu nur noch Karoubi an eine Manipulation. Der Rest der Opposition spricht jedoch nur noch von Verstößen gegen das Wahlgesetz wie die Veruntreuung von Staatsgeldern für Finanzierung von Wahlkampfreisen. Etwas was jedoch schwer zu bestimmen ist, in Anbetracht dessen, dass Ahmadinejad schon immer in den Provinzen reiste. Der ehemalige Vize-Innenminister Dr. Abbas Akhoundi, der während der Wahl persönlicher Vertreter Mousavis im Innenministerium war, der Führer der Reformer im Parlament Tabesh und seine Fraktionsmitglieder Khabbaz, Kavakebian, Dr. Pezeshkian und viele andere bestätigen die Authentizität der Wahlen. Nicht zuletzt Mir Hossein Mousavi selbst und seine Berater. Das starre Halten an der Wahlfälschung von Mehdi Karoubi überrascht die Iraner nicht und man nimmt es auch nicht ernst. Er beschuldigte schon 2005 das Innenministerium die Wahlen gefälscht zu haben. Dieser stand jedoch damals unglücklicherweise unter der Aufsicht seiner Kollegen: die Reformer.
Nichtsdestotrotz heißt es in einigen Beiträgen wie die von Ulrich Pick bei SWR/Tagesschau Online, dass die Opposition immer noch an die Wahlfälschung festhält. Eine Meldung die sehr selektiv ist.
Die Falschmeldungen sind bzgl. der Festgenommenen und Hingerichteten gravierender. Tatsächlich ist bis jetzt niemand aufgrund der Unruhen nach den Wahlen hingerichtet worden. Die vor etwa einen Monat hingerichteten Gefangenen im Iran waren Mitglieder der militärischen Exil-Oppositionsgruppe PJAK, ihre Gerichtsverhandlung lief vier Jahre lang durch alle Instanzen. Ihr Führer Haci Ehmedi, der frei sich im rheinischen Köln bewegt, pries sie nach der Hinrichtung als seine Kämpfer an. Mit den Wahlunruhen hatten diese paramilitärische Separatisten nichts zu tun. Und ebenso die zuvor hingerichteten Exil-Oppositionsanhänger der Monarchisten. Sie wurden einen Jahr vor den Wahlen festgenommen anlässlich eines Bombenanschlages in Shiraz. Am „Geburtstag“ der Grünen Bewegung schreiben jedoch einige Autoren, dass das Regime Demonstranten hinrichtete um die Opposition einzuschüchtern. Ferner wird die Anzahl der Gefangenen mit 4.000 benannt. Es wird jedoch nicht erklärt, dass die meisten erkennungsdienstlich festgenommen wurden und in der Regel am nächsten Tag frei kamen.
Das Bild an einer vorrevolutionären Atmosphäre wird fleißig weiter gesponnen. Eigentlich steht nach Meinung westlicher Analysten die islamische Republik seit Beginn der Revolution vor dem Sturz. Ein Blick in den Archiven der Zeitungen und Magazine wird einen ergrauen. "Regime vor Implodierung", "Eine Frage der Zeit", "Wirtschaftskrise im Iran" etc.. Eine Tradition die bis heute anhält. Auch deshalb wird seit 31 Jahren keine adäquate Strategie gegenüber dem Iran formuliert. Am gestrigen Jahrestag haben wider Erwarten kaum Demonstrationen statt gefunden. Die Festnahme von 91 Personen entspricht fast die Anzahl an einem heißen Derby-Fußballspiel.
Der Westen muss einsehen, dass die Iraner aus historischen Gründen kein Interesse an die Schwächung ihrer Zentralregierung haben. Die Iraner sind anders als hier im Westen ein sehr geschichtsbewusstes Volk. Im Kollektiven Gedächtnis ist die Erinnerung der Teilbesetzung durch Russland und Großbritannien während der Phase der schwachen Regenten noch frisch in Erinnerung. Die spätere Installierung Mohammad Reza Pahlavi als König durch die USA wurde auch unmittelbar nach Schwächung der Zentralregierung Mossadeghs vollbracht. Ja, sogar die islamische Revolution verursachte den Zugriff Saddam Husseins auf Südwest-Iran in einer Zeit als die königliche Herrschaft zusammenbrach und die neue Zentralregierung noch schwach und in Aufbau war.
Die islamische Republik ist nicht durch Fremdmächte ernannt worden, sie entspringt aus der iranischen Gesellschaft. In ihr haben Perser, Azeris, Loren und Belutschen (etc.) Teilhabe. Die Ethnie ist nicht der Maßstab, sondern die Konfession die alle Ethnie weitestgehend zusammenhält. In US-amerikanischen gebraucht man bei solchen Sachlagen häufig die Redewendung: Ja, er ist ein Bastard, aber er ist unser Bastard. Deswegen hat die inner-iranische Opposition (unterscheidet sich klar von der Exil-Opposition) aus der Sicht der Iraner klug gehandelt, in dem sie sämtliche Demonstrationen am Jahrestag der Wahlen absagten. Sie hat dadurch endlich wieder Punkte sammeln können, denn ein Brudermord ist allen Iranern zu wider. Eine Schwächung von Zentralregierungen sollte sowieso auch im Zuge des internationalen Terrorismus nicht im Interesse des Westens sein. Überall da wo Zentralregierungen geschwächt wurden, wie in Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia verbreitete sich der islamistische Terror aus.
Aus dieser Perspektive ist es paradoxerweise Gott zu danken, dass viele Berichte und Kommentare über den Iran nicht der reinen Wahrheit entsprechen. So auch die ständige dunkle Beschreibungen der wirtschaftlichen Verhältnisse. In einem „Jahrestagsartikel“ heißt es, dass die Inflation erdrückend wäre. Erdrückend waren jedoch die Inflationsraten in den 90ern weit aus mehr, wo sie bisweilen weit über 40 % lag. Die IWF prognostiziert dagegen für das Jahr 2010 die Inflationsrate auf 8,5 %. So eine niedrige Rate im Iran wäre in den letzten Jahrzehnten einmalig.
Zusammengefasst ist zu resümieren, dass die Reformopposition kurzfristig geschwächt bleibt, auch wenn sie durch die Absage der Demonstrationen Weitsicht gezeigt hat. Wenn man bedenkt, dass in Thailand das Militär offen scharfen Munitionen gegen die Rothemden einsetzte, dann waren in Verhältnis dazu im vergangenen Jahr das Nieder-Knüppeln der iranischen Sicherheitskräfte (keine militärische Einheiten wurden eingesetzt!) nicht die Monatelangen Schlagzeilen wert. Auch nicht in diesem Jahr.
Die Farbe Grün lebt, die Bewegung ist jedoch Tod. Leben tut sie nur noch in den Fantasieprodukten mancher westlichen Experten und Journalisten.
Am Jahrestag der iranischen Präsidentschaftswahlen 2009 schießen abermals sämtliche Blätter auf den Iran ein. „Die Grüne Bewegung stagniert nicht“, heißt es. „Sie lebt und ist attraktiv, an Anhängern hat sie nicht eingebüßt. Der Grund weshalb Großdemonstrationen ausgeblieben sind hängt ausschließlich mit Repressalien des Regimes.“ So sind ausnahmslos die gängigen Beschreibungen über die Bewegung am quasi Jahrestag ihrer Gründung (zuvor wurde sie nicht als Bewegung wahrgenommen, sondern als Anhänger von einen oder zwei Präsidentschaftskandidaten, die innerhalb der islamischen Republik die Erlaubnis haben zu kandidieren!).
Keine Neubewertung der Grünen Bewegung, kein Versuch der Kritik an der Bewegung und erst recht keine Selbstkritik. Der Faden wird weiter gesponnen, basierend auf die eklatanten Fehleinschätzungen der iranischen Gesellschaft (die weit aus mehr ist als Reformer und Konservativen), der Wahlen und die Demonstrationen. Ob sie in irgendeiner Weise mit den Realitäten vor Ort übereinstimmen scheint nebensächlich zu sein. Schließlich hat man einen Ruf und Namen zu verlieren. Eine Korrektur der Bewertungen und Analysen des letzten Jahres ist aber spätestens jetzt mehr denn je gefragt. Eine ganze Berufszunft spannt – ähnlich wie in den USA vor dem 2. Irak-Krieg – die Politik zu weiterer Konfrontation mit dem Iran; ohne es zu wollen oder es zu merken. Wenn Journalisten und Experten mehr als einen halben Jahr lang ihren Lesern davon erzählten, dass die islamische Republik kurz vor ihrem Sturz steht oder zumindest in einem Bürgerkrieg rein rutscht, muss diese fatale Einschätzungen nun konsequenterweise eingestehen oder - wie sie es nun tun - Erklärungen finden, weshalb sie nicht stattfanden. Diese dürfen aber Gott bewahre nicht ihren vorangegangenen Statements widersprechen, bloß nicht relativieren! Da man sich leider für das Zweite entschied, wird im Folgenden darauf eingegangen:
Allgemein wird ein Bild von einem kompromisslosen Regime skizziert dessen Herrschaft sich hauptsächlich auf Gewalt stützt. Die Mehrheit der Menschen möchten angeblich das Regime mit einer anderen Herrschaftsform ersetzen. Diejenigen die ihm anhängen tun es mutmaßlich aus opportunistischen Gründen, entweder weil sie selbst Staatsbeamten sind oder das Regime Ihnen Vorteile gewährt. Stützend darauf entstehen schon von vorneherein fatale Konklusionen. Quellen oder empirische Zahlen für diese Einschätzungen werden auch nie vorgelegt. Da es als allgemeiner Konsens gilt, fühlt man sich auch nicht dazu berufen (obwohl alle Studien von US-amerikanischen Forschungsinstitute das Gegenteilige feststellen). So einen allgemeinen Konsens hat es auch in den USA über die Gründe für einen 2. Krieg gegen Irak gegeben. Allgemein sind Konsense in der Politik brandgefährlich. Demokratien leben von Debatten und Kontraste. Das Thema Iran ist jedoch seit 31 Jahren geschwärzt. Der Teheraner Universitätsleiter für amerikanischen Studien Dr. Mohammad Marandi bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass das Meinungsspektrum in den Debatten über den Iran ziemlich dünn sei. Er veranschaulicht es mit den immer wiederkehrenden Vorfällen in westlichen Fernsehdebatten: Der erste Gast sagt, der Iran ist böse und muss militärisch angegriffen werden (das passiert eher in US-Sendungen). Der Zweite sagt, der Iran ist böse und muss mit Sanktionen belegt werden. Und schließlich sagt der Dritte, dass der Iran zwar böse sei, aber Diplomatie die Lösung wäre. Die Voraussetzung ist jedoch stets das Gleiche: Iran ist böse. Das mag einen Universitätsdirektor in Teheran wundern, auch wenn er Englischkenntnisse besitzt und Vorsitzender für amerikanische Studien ist. Den Grund müsste er nämlich kennen: „Der Iran ist keine liberale Demokratie, so lange sie das nicht ist, ist er böse.“ Keine Differenzierungen und keine Schattierungen. So ähnlich denken die Taliban am Hindukusch: „Der Westen ist ungläubig, so lange sie ungläubig sind, sind sie böse.“
Zwar räumen Journalisten immer wieder auf Nachfragen ein, dass Staaten wie Saudi-Arabien oder Ägypten mehr Demokratiedefizite vorweisen als der Iran. Doch im Endeffekt wird diese Differenzierung bei der Bewertung des iranischen Regimes in ihren Analysen und Artikel vollends ausgeblendet. So auch zum Jahrestag der Präsidentschaftswahlen.
Die Begnadigung von 81 Verurteilten im Zusammenhang der Wahlunruhen durch das Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei vor zwei Wochen fließt nicht in ihre Bewertung ein. Dieses ist nämlich nicht mit dem Konzept eines ausschließlich repressiven Regimes konform. Dagegen wurde die Meldung gebracht, dass der Enkelsohn des Staatsgründers Ayatollah Khomeini, Hassan Khomeini (der die Opposition relativ nahe steht) zum Todestag seines Großvaters an der Rede durch Parolen von Regimeanhängern gehindert wurde. Das Bild eines geschwächten Regimes muss stets gepflegt und intensiviert werden, der Aspekt, dass Hassan Khomeini selbst Teil des Regimes und für das Regime ist wird unbedacht weg gelassen. Auch der unmittelbare Vorfall danach passt nicht in der schon gefestigten Meinung über die islamische Republik. Der nächste Redner Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei tröstete Hassan Khomeini und küsste ihn auf die Wange nach dem dieser das Podium verlies. In seiner folgenden Rede kritisierte er die Opposition, welches großzügig auch in den westlichen Medien Eingang fand, doch die Ermahnung an die Regierung und Regierungsanhänger bei der Kritik gegen die Opposition gerecht zu sein und es nicht zu überziehen, wurde ausgeschlagen. Stabilisierende und korrektive Elemente im politischen Alltag der islamischen Republik sind nicht auszudenken.
Ein Jahr nach den Wahlen hat sich an der westlichen Bewertung über die Wahlauthentizität nichts getan. Einige Autoren behaupten demnach offen, dass die Wahlen gefälscht seien. Beweise hierfür wurden auch unter den westlichen Experten kaum erbracht. Die einzige Studie von Ali Ansari des britischen Chatham House, der noch vor den Wahlen eine Fälschung von mehr als sechs Millionen Stimmen kategorisch ausschloss, ist nie über das „provisorische“ (engl. preliminary“) hinausgegangen. Die Studie erweist sich nämlich als fehlerhaft in der Methodik und in der Ausführung. Im internationalen Englischsprachigen Raum haben drei Autoren dazu Stellung genommen (s. unten; im Deutschen gibt es eine 14-Seitige Analyse). Was die mathematischen Akrobatiken angeht, die bestrebt waren eine Fälschung nachzuweisen, haben sie sich auch als ineffektiv erwiesen. Letzteres zeigt jedoch, dass der Durst nach Klarheit sehr stark vorhanden war, dass im Strudel der „Sensationsmeldung Iran“ Hobby-Mathematiker, Normalos und Astrophysiker mathematische Formeln durchspielten um eine Fälschung verifizieren bzw. falsifizieren zu können. Eine Fälschung von 11 Millionen Stimmen mit 700.000 Beteiligten an der Wahlausführung bedarf jedoch simpler Beweisführungen, die die Opposition kläglich nicht erbracht hat. Unter der Opposition glaubt nahezu nur noch Karoubi an eine Manipulation. Der Rest der Opposition spricht jedoch nur noch von Verstößen gegen das Wahlgesetz wie die Veruntreuung von Staatsgeldern für Finanzierung von Wahlkampfreisen. Etwas was jedoch schwer zu bestimmen ist, in Anbetracht dessen, dass Ahmadinejad schon immer in den Provinzen reiste. Der ehemalige Vize-Innenminister Dr. Abbas Akhoundi, der während der Wahl persönlicher Vertreter Mousavis im Innenministerium war, der Führer der Reformer im Parlament Tabesh und seine Fraktionsmitglieder Khabbaz, Kavakebian, Dr. Pezeshkian und viele andere bestätigen die Authentizität der Wahlen. Nicht zuletzt Mir Hossein Mousavi selbst und seine Berater. Das starre Halten an der Wahlfälschung von Mehdi Karoubi überrascht die Iraner nicht und man nimmt es auch nicht ernst. Er beschuldigte schon 2005 das Innenministerium die Wahlen gefälscht zu haben. Dieser stand jedoch damals unglücklicherweise unter der Aufsicht seiner Kollegen: die Reformer.
Nichtsdestotrotz heißt es in einigen Beiträgen wie die von Ulrich Pick bei SWR/Tagesschau Online, dass die Opposition immer noch an die Wahlfälschung festhält. Eine Meldung die sehr selektiv ist.
Die Falschmeldungen sind bzgl. der Festgenommenen und Hingerichteten gravierender. Tatsächlich ist bis jetzt niemand aufgrund der Unruhen nach den Wahlen hingerichtet worden. Die vor etwa einen Monat hingerichteten Gefangenen im Iran waren Mitglieder der militärischen Exil-Oppositionsgruppe PJAK, ihre Gerichtsverhandlung lief vier Jahre lang durch alle Instanzen. Ihr Führer Haci Ehmedi, der frei sich im rheinischen Köln bewegt, pries sie nach der Hinrichtung als seine Kämpfer an. Mit den Wahlunruhen hatten diese paramilitärische Separatisten nichts zu tun. Und ebenso die zuvor hingerichteten Exil-Oppositionsanhänger der Monarchisten. Sie wurden einen Jahr vor den Wahlen festgenommen anlässlich eines Bombenanschlages in Shiraz. Am „Geburtstag“ der Grünen Bewegung schreiben jedoch einige Autoren, dass das Regime Demonstranten hinrichtete um die Opposition einzuschüchtern. Ferner wird die Anzahl der Gefangenen mit 4.000 benannt. Es wird jedoch nicht erklärt, dass die meisten erkennungsdienstlich festgenommen wurden und in der Regel am nächsten Tag frei kamen.
Das Bild an einer vorrevolutionären Atmosphäre wird fleißig weiter gesponnen. Eigentlich steht nach Meinung westlicher Analysten die islamische Republik seit Beginn der Revolution vor dem Sturz. Ein Blick in den Archiven der Zeitungen und Magazine wird einen ergrauen. "Regime vor Implodierung", "Eine Frage der Zeit", "Wirtschaftskrise im Iran" etc.. Eine Tradition die bis heute anhält. Auch deshalb wird seit 31 Jahren keine adäquate Strategie gegenüber dem Iran formuliert. Am gestrigen Jahrestag haben wider Erwarten kaum Demonstrationen statt gefunden. Die Festnahme von 91 Personen entspricht fast die Anzahl an einem heißen Derby-Fußballspiel.
Der Westen muss einsehen, dass die Iraner aus historischen Gründen kein Interesse an die Schwächung ihrer Zentralregierung haben. Die Iraner sind anders als hier im Westen ein sehr geschichtsbewusstes Volk. Im Kollektiven Gedächtnis ist die Erinnerung der Teilbesetzung durch Russland und Großbritannien während der Phase der schwachen Regenten noch frisch in Erinnerung. Die spätere Installierung Mohammad Reza Pahlavi als König durch die USA wurde auch unmittelbar nach Schwächung der Zentralregierung Mossadeghs vollbracht. Ja, sogar die islamische Revolution verursachte den Zugriff Saddam Husseins auf Südwest-Iran in einer Zeit als die königliche Herrschaft zusammenbrach und die neue Zentralregierung noch schwach und in Aufbau war.
Die islamische Republik ist nicht durch Fremdmächte ernannt worden, sie entspringt aus der iranischen Gesellschaft. In ihr haben Perser, Azeris, Loren und Belutschen (etc.) Teilhabe. Die Ethnie ist nicht der Maßstab, sondern die Konfession die alle Ethnie weitestgehend zusammenhält. In US-amerikanischen gebraucht man bei solchen Sachlagen häufig die Redewendung: Ja, er ist ein Bastard, aber er ist unser Bastard. Deswegen hat die inner-iranische Opposition (unterscheidet sich klar von der Exil-Opposition) aus der Sicht der Iraner klug gehandelt, in dem sie sämtliche Demonstrationen am Jahrestag der Wahlen absagten. Sie hat dadurch endlich wieder Punkte sammeln können, denn ein Brudermord ist allen Iranern zu wider. Eine Schwächung von Zentralregierungen sollte sowieso auch im Zuge des internationalen Terrorismus nicht im Interesse des Westens sein. Überall da wo Zentralregierungen geschwächt wurden, wie in Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia verbreitete sich der islamistische Terror aus.
Aus dieser Perspektive ist es paradoxerweise Gott zu danken, dass viele Berichte und Kommentare über den Iran nicht der reinen Wahrheit entsprechen. So auch die ständige dunkle Beschreibungen der wirtschaftlichen Verhältnisse. In einem „Jahrestagsartikel“ heißt es, dass die Inflation erdrückend wäre. Erdrückend waren jedoch die Inflationsraten in den 90ern weit aus mehr, wo sie bisweilen weit über 40 % lag. Die IWF prognostiziert dagegen für das Jahr 2010 die Inflationsrate auf 8,5 %. So eine niedrige Rate im Iran wäre in den letzten Jahrzehnten einmalig.
Zusammengefasst ist zu resümieren, dass die Reformopposition kurzfristig geschwächt bleibt, auch wenn sie durch die Absage der Demonstrationen Weitsicht gezeigt hat. Wenn man bedenkt, dass in Thailand das Militär offen scharfen Munitionen gegen die Rothemden einsetzte, dann waren in Verhältnis dazu im vergangenen Jahr das Nieder-Knüppeln der iranischen Sicherheitskräfte (keine militärische Einheiten wurden eingesetzt!) nicht die Monatelangen Schlagzeilen wert. Auch nicht in diesem Jahr.
Die Farbe Grün lebt, die Bewegung ist jedoch Tod. Leben tut sie nur noch in den Fantasieprodukten mancher westlichen Experten und Journalisten.
- Weiterführende Informationen (externe Links):
- www.raceforiran.com/wp-content/uploads/2010/06/Iranian-election.pdf
- iran2009presidentialelection.blogspot.com
a) Man muss die Grüne Bewegung im Iran von der Grünen Bewegung im Exil differenzieren.
b) Man muss die demonstrierende Masse, die es bis zum Machtwort Khameneis gab von den nachfolgenden viel kleineren Demonstrationen unterscheiden.
Mehr hier:http://www.irananders.de/fileadmin/pdfs/Die_gescheiterte_Gruene_Bewegung.pdf
--> wieviele personen wurden nach der wahl im iran aufgrund ihrer politischen meinungsäußerung getötet, wieviel verletzt, gefoltert, verhaftet, verurteilt, angeklagt? und ab welcher opferzahl würden sie den iran als wie undemokratisch einstufen?
Sie haben Recht. Nur weil andere Staaten Verbrechen begehen, heißt es nicht, dass andere sie auch begehen dürfen. In diesem Sinne sind auch die o. g. Passagen gemeint: Medienkritik, nicht mehr und nicht weniger.
Ich habe keine Forschungsergebnisse, die Zahlen variieren je nach Quelle.
Tote aufgrund von Meinungsäußerung gab es nicht, es sei denn man möchte eine Demonstration gegen die demokratische Mehrheit als solches verstehen. Wenn ja, dann muss man berücksichtigen, dass es auf der anderen Seite auch tote und verletzte Sicherheitskräfte gab. Der Mythos von friedlichen Demonstranten ist quasi nur bis zu der Freitagspredigt Khameneis richtig. Danach waren hauptsächlich "radikale" und Anhänger der Exil-Opposition auf der Straße, deshalb auch ihre geringere Anzahl.
Folter und drei Todesopfern gab es sicherlich im Gefängnis Kahrizak und wurde auch von der parlamentarischen Untersuchungskommission bestätigt. Zuvor schon wurde es von Khamenei geschlossen und die Wärter sind angeklagt und verhaftet worden. Der Vater eines Todesopfers drückte vor kurzem seine Zufriedenheit über die laufenden Gerichtsverhandlungen aus.
Es wurden insgesamt 4000 Menschen verhaftet, die meisten aus erkennungsdienstlichen Gründen, nur ein Bruchteil ist länger in Haft geblieben, die meisten kamen am nächsten oder gar am selbigen Tag frei. Vor etwa einen Monat hat Khamenei 81 rechtmäßig Verurteilten begnadigt. Eine Todesstrafe wurde bis jetzt bei keinem der Verhafteten ausgestreckt.
Detaillierte oder andere Informationen als die in der iranischen, westlichen oder oppositionellen Medien liegen mir auch nicht vor, eine genauere Recherche wurde bis jetzt auch nicht in Angriff genommen. Die Zahl der Todesopfer fangen bei 30 an und hört bei über 135 auf. Die Zahl 30 wird auch von einigen Oppositionellen bestätigt.
Inwiefern all das mit Demokratie zu tun hat ist eine unzureichende Frage. Man sollte den Begriff „Demokratie“ nicht überstrapazieren. Eine Demokratie kann auch illegale Gefängnislagern unterhalten, dennoch schmälert es ihr Demokratiesein nicht. Das hat eher mit Menschenrecht oder Rechtsstaatlichkeit zu tun.
Demokratisch waren mehr oder weniger die Wahlen, danach hat man das Recht gebrochen, und daraufhin hat der Staat, der völlig unvorbereitet war und keinerlei Erfahrungen hatte so einer Situation zu managen überzogen reagiert, die man aber später versucht hat zu korrigieren (was aber auch vergebens war). Iran hat weniger Probleme mit Demokratie als mit Rechtsstaatlichkeit. Letzterer ist die ursprüngliche Voraussetzung für Demokratie. Zum Beispiel verlorene Wahlen zu akzeptieren, aber auch keine Menschen zu foltern (eigentl. Menschenrechte), aber da sie schließlich sogar in der iranischen Verfassung explizit erwähnt wird (soweit ich weiß als einzige Verfassung der Erde) ist das auch ein Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit. Rechtsstaatlichkeit kann es jedoch nur geben, wenn die gesamte Gesellschaft sie verinnerlicht hat. Einfaches Beispiel: Man überquert die rote Ampel aus Respekt vor dem Gesetz nicht und nicht nur aus Furcht vor der Polizei oder Strafen.
In diesem Sinne trägt bei aller Schuld des iranischen Staates auch die Oppositionsführer Blut an den Händen, die unnötigerweise und vollkommen unweise Öl ins Feuer gegossen haben. Das ist derzeit auch die Meinung vieler Wähler, die sie gewählt haben.